Text

King Lear gilt als Gipfel des Theaters, schwer einzunehmen, von dort aus blickt man in den Abgrund. Es ist ein Königsdrama, an dessen Beginn der alte König einen rhetorischen Wettbewerb zwischen seinen drei Töchtern ausruft, die jüngste enterbt, sein Reich zweiteilt und die Macht abgibt. Doch statt eines geruhsamen Alterssitzes wartet auf Lear eine Odyssee, auf der er alle bisherigen Gewissheiten verlieren wird. Ähnlich geht es seinem Getreuen, dem Graf von Gloster, der auf eine Intrige seines illegitimen Sohnes Edmund hereinfällt und den ehelichen Sohn Edgar verstößt, dabei jedoch selbst zu Fall kommt. King Lear ist ein Drama des Krieges, zwischen Generationen, zwischen Geschwistern, zwischen Heeren. Es ist ein Drama, in dem die Mütter fehlen, der Reiche zum Bettler und der Blinde zum Sehenden wird. Es ist ein Endspiel, in dem die alte Ordnung zerbricht und Werte zu Ruinen werden, zwischen denen ein Sturm wütet, nach dem vielleicht das Nichts kommt. Oder etwas Neues.

Die Herausforderung des Neuen nimmt Regisseur Johan Simons auch mit dieser Inszenierung unter neuen Bedingungen an: „Normalerweise“ stellt die Bühne einen Möglichkeitsraum dar: Figuren können sich dort treffen und berühren, wie es ihnen in der Realität nicht möglich wäre. Gegenwärtig sind wir im Theater mit vielen Vorgaben konfrontiert. Nähe und Intimität sind momentan auf der Bühne - und im gesellschaftlichen Raum - nicht möglich. 

Diese Inszenierung ist ein Versuch, dieses neue Bewusstsein der Spieler*innen und des Publikums sichtbar zu machen. Die Figuren sind mehr noch als bei Shakespeare vereinzelt, weniger in Dialoge verwickelt, ihre Worte haben kaum eine Richtung, die Zeit verschiebt sich. Sprechen sie noch zu jemandem oder nur noch zu sich selbst? Lear und der Narr sind da eine Ausnahme, haben sie doch längst eine neue Welt entdeckt, in der man sich - welche Utopie! - berühren darf: die der Sprache.

Shakespeares Drama wird im Auftrag des Schauspielhaus Bochum neu übersetzt von der österreichischen Autorin und  Dramatikerin Miroslava Svolikova.

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Informationen zum Stück

  • Dauer: 3:00h, eine Pause
  • Premiere: 10.09.2020
  • Sprache: Deutsch mit englischen Übertiteln

Video Inhalte

Video-Trailer zu King Lear
(c) Siegersbusch Film

Beteiligte

Bilder

Pressestimmen

Pressestimmen

Pierre Bokma is virtuoos als King Lear bij Schauspielhaus Bochum
de Volkskrant, Herien Wensink

Johan Simons hungert Shakespeares Tragödie radikal auf ihren Glutkern herunter. 
nachtkritik.de, Andreas Wilink

Johan Simons inszeniert am Schauspielhaus Bochum William Shakespeares "King Lear" und zeigt, dass es möglich ist, ein Kunstwerk zu schaffen, das sich an die herrschenden Hygieneregeln hält.
Süddeutsche Zeitung, Egbert Tholl

Die Inszenierung ist hoch komplex, nichts ist Zufall, alle Ideen und Effekte dienen der gesteigerten Intensität einer Aufführung, die man sich sicher zwei- oder dreimal ansehen kann und immer neue Nuancen entdecken wird.
Westdeutsche Allgemeine Zeitung , Jürgen Boebers-Süßmann

Der „König Lear“ ist eins der schwärzesten Dramen von Shakespeare. An diesem Abend erlebt man, dass es zugleich ein unglaublich verspielter Text ist, ein bisschen surreal, ein bisschen Beckett, ein bisschen
Monty Python.
Westfälischer Anzeiger , Ralf Stiftel

Anna Drexler steht vom ersten Moment an unter Volldampf, in ihr hat sich eine gewaltige Wut gegen die betrügerischen Verhältnisse angestaut. Sie schreit, sie trampelt, sie dampft. [...] Ihr quirliges Spiel ist aufregend, überraschend, variantenreich - ein grandioses Ereignis.
Frankfurter Allgemeine Zeitung , Simon Strauß

Ein überaus beeindruckender, fesselnder Theaterabend mit einem exzellenten Ensemble.
theater:pur , Antje van Bürck