Text
→ Ausgewählte Inszenierung Nachtkritik-Theatertreffen 2024
Die Brüder Karamasow ist ein maßloser Text, in dem man sich verlieren kann wie nachts in einem Wald. ALLES ist darin: die Sehnsucht nach Liebe und die Qual des Begehrens, die moralische Schuld und die ökonomischen Schulden, Gewalt und Gebete und verstohlene Küsse, der Griff nach den Sternen und der Sturz ins Leere. Eine Vielzahl unbehauster Figuren jagt umher wie in einem Fiebertraum, unaufhörlich in Bewegung, sowohl äußerlich wie innerlich, aus dem Takt geraten, ihr Gleichgewicht verschwunden, wenn sie es denn je besaßen. Alles ist verschoben, außer Kontrolle: Erwachsene tanzen auf Messers Schneide und bleiche Kinder wollen die Welt anzünden. Wenn nichts mehr zu verlieren ist, ist dann alles erlaubt?
Die Handlung ließe sich auf eine reißerische Sex and Crime-Story herunterbrechen: Im Zentrum stehen die Karamasows, eine kaputte Familie, gegründet auf toten Müttern, die allesamt unter dem moralisch verkommenen Vater Fjodor Karamasow gelitten haben und vier Söhne hinterließen. Der Roman umfasst nur wenige Tage, an denen der Vater und seine Söhne nach Jahren wieder alle aufeinanderstoßen. Als Fjodor ermordet aufgefunden wird, hat jeder der Söhne ein Tatmotiv. Doch nur einer war es, und ein an- derer wird für den Mörder gehalten. Natürlich spielt Geld eine Rolle. Und natürlich ist der wichtigste Motor des Geschehens (mindestens) eine Frau.
Aber in die Seele von uns greifen die Figuren Dostojewskijs nicht aufgrund der komplexen Kriminalgeschichte oder eines der berühmtesten Justizirrtümer der Literaturgeschichte. Sondern weil sie in aller Widersprüchlichkeit, aber immer aus voller Kehle, fragen, wo die Freiheit zu finden ist, und doch nichts mit ihr anzufangen wissen. Weil sie den Himmel leerfegen und Gott doch flehentlich suchen. Weil sie das Leben lieben und es im nächsten Moment zum Teufel wünschen. So wie wir.
Wir kapern mit Dostojewskijs Figuren das Theater: Bühne, Backstage und Zuschauerraum. Eine mehrstündige Inszenierung, auf der großen Bühne des Schauspielhauses und in den Kammerspielen, in Gängen und Foyers – eine Reise, ein Spektakel, eine Feier, ein Spuk.
Die Vorstellung startet im Schauspielhaus und setzt sich in den Kammerspielen fort. Als Teil der Inszenierung wird es ein gemeinsames Dinner geben. Der Kartenpreis beinhaltet das vegetarische Abendessen inkl. Wasser; weitere Getränke oder auch Snacks in den kleineren Pausen können separat bei unserer Theatergastronomie erworben werden.
15:00–16:45: 1. Teil
16:45–17:30: Pause
17:30–19:30: 2. Teil
19:30–20:50: Pause inkl. Dinner
20:50–22:00: 3. Teil
Menü (alle Speisen vegetarisch):
Vorspeise: Borschtsch, dazu Brot / Hauptgang: Gemüsequiche / Dessert: Panna Cotta mit Beerenspiegel / Getränk: Mineralwasser
Audio Inhalte
Informationen zum Stück
- Die Brüder Karamasow
- nach dem Roman von Fjodor M. Dostojewskij
- in einer Übersetzung von Swetlana Geier
in einer Bearbeitung von Angela Obst - Regie: Johan Simons
- Mit: Pierre Bokma, Jele Brückner, Konstantin Bühler, Danai Chatzipetrou, Dominik Dos-Reis, Victor IJdens, Sascha Kühne, Oliver Möller, Anne Rietmeijer, Steven Scharf, Mina Skrövset / Davin Cakmak, Elsie de Brauw
- Dauer: ca. 7:00 Std., 3 Teile, 2 Pausen
- Premiere: 14.10.2023
- Sprache: DE EN
Informationen zu den Vorstellungen
Die letzte Vorstellung fand am 23.06.2024 statt.
Für weitere Infos zum Vorstellungbesuch (u.a. Ablauf, Menü) klicken Sie oben auf → Mehr
Stück zum Stück: Der Großinquisitor, die berühmte Binnenerzählung aus Die Brüder Karamasow, ab 27.03. im Oval Office!
Video Inhalte
Beteiligte
- Regie: Johan Simons
- Regie: Johan Simons
- Fassung: Angela Obst
- Bühne: Wolfgang Menardi
- Kostüm: Katrin Aschendorf
- Lichtdesign: Bernd Felder
- Musik: Victor IJdens
- Dramaturgie: Angela Obst
- Mitarbeit Dramaturgie: Marvin L. T. Müller
- Regieassistenz: Linda Hecker / Albrecht Schroeder
- Bühnenbildassistenz: Sascha Kühne
- Kostümassistenz: Sophia Deimel / Jana Kuhlemeier
- Soufflage: Isabell Weiland / Fee Sachse
- Sprachcoaching: Roswitha Dierck
- Inspizienz: Nora Köhler / Ulrike Schaper, Christina Baston / Jonas Kissel
- Übertitelinspizienz: Gianluca Elbert / Holger Rademacher, Leonie Mevissen / Jan Bednorz
- Regiehospitanz: Merlene Edelkötter / Nathanael Evers, Julia Minssen
- Bühnenbildhospitanz: Carolin Vogl
- Kostümhospitanz: Wian Alo / Zoe Maria Böck
- Fjodor Pawlowitsch Karamasow: Pierre Bokma
- Dimitrij Fjodorowitsch Karamasow: Victor IJdens
- Iwan Fjodorowitsch Karamasow: Steven Scharf
- Alexej Fjodorowitsch Karamasow (Aljoscha): Dominik Dos-Reis
- Pawel Fjodorowitsch Smerdjakow: Oliver Möller
- Stariza Sossima / Teufel: Elsie de Brauw
- Agrafena Alexandrowna Swetlowa (Gruschenka): Anne Rietmeijer
- Madame Chochlakowa: Jele Brückner
- Lise Chochlakowa: Danai Chatzipetrou
- Nikolaj Iljitsch Snegirjow, Stabskapitän a. D.: Konstantin Bühler
- Iljuscha Nikolajewitsch Snegirjow: Mina Skrövset / Davin Cakmak
- Livekamera: Sascha Kühne
Bilder
Pressestimmen
Es gäbe viel zu erzählen über die präzise, sensible Schauspielkunst dieses Abends, der einen in menschliche Abgründe zieht wie eine Netflix-Serie; jede Figur und ihre Eigenheiten erhält hier große Räume und Assoziationswelten. […] Und dann werden wir irgendwann ins Rangfoyer geleitet, zur prächtigen Speisung an weißgedeckten Tischen: Borschtsch, Quiche und Pannacotta gibt es sowie die Möglichkeit, sich mit begeisterten Mit-Zuschauern auszutauschen – der Abend ist nicht zuletzt auch ein gemeinschaftliches, zutiefst ernstgemeintes, mit der Kraft von Theater versöhnendes Erlebnis. […] Ein Meisterwerk.
Theater heute, Dorothea Marcus
Man kann diesen ‚Karamasow‘-Abend in Bochum kaum genug loben: Überragende Schauspieler, eine präzise Regie, ein überbordendes Bühnenbild und wunderbare Kostüme von Katrin Aschendorf, hier stimmt wirklich fast alles. […] Ein unübertroffener Höhepunkt der bisherigen Theaterspielzeit.
Die Welt, Jakob Hayner
In Johan Simons Auseinandersetzung mit dem monströsen Stoff berühren sich die Extreme. Ein Ereignis! [...] Diese "Karamasow"-Inszenierung hält ihre Gewichte aus, bis sie schweben. Johan Simons und sein wunderbares Ensemble, das in jeder einzelnen Position das zweite Gesicht hat, Tiefen ausforscht und Dostojewskijs Existenzspiel der Fragen beatmet und belebt, gestattet sich nichts Laues.
nachtkritik.de, Andreas Wilink
Diese Aufführung ist kein Projekt nach Dostojewski, keine Überschreibung. Aber auch alles andere als ein Nachbeten der Handlung. Johan Simons schafft Menschentheater, in dem es keine kleinen Rollen gibt, alle Charaktere bekommen Raum. Das ist gelebte Diversität, eingebettet in die großen Sinnfragen. Hier wird kein Klassiker mundgerecht gehäckselt – und damit mundtot gemacht. Die Assoziationsräume sind riesig, nicht nur wegen der Ausstattung, sondern vor allem wegen der Feinheit des Schauspiels. [...] Theater auf der Höhe der Zeit. Großartig.
Theater der Zeit
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Stefan Keim
Dieser Theaterabend geht nicht nur unter die Zuschauerhaut, er kriecht auch bis in den letzten Winkel des Bochumer Schauspielhauses.
Frankfurter Allgemeine Zeitung
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Hubert Spiegel
Johan Simons präsentiert hier wieder Stadttheater auf höchstem Niveau. […] Ein fulminanter Abend.
WDR 3 Mosaik
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Christoph Ohrem
Wir haben das Gefühl, bei den Karamasow-Konflikten direkt mit am Tisch zu sitzen, so tief zieht Regisseur Johan Simons in die existentiellen Fragen des Romans, dass die Stunden wie im Flug vergehen. […] Johan Simons ist ein Meisterwerk gelungen.
Deutschlandfunk Kultur heute
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Dorothea Marcus
Die Mega-Premiere von "Die Brüder Karamasow" reißt das Publikum im Schauspielhaus von den Sitzen.
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
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Sven Westernströer
Ein gewaltiges Ereignis.
Ruhr Nachrichten
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Tom Thelen
Dostojewskijs Roman „Die Brüder Karamasow“ wird in Bochum zu einem Fest des Ensembletheaters. Hoch spannend, konzentriert, ergreifend über sieben Stunden auf zwei Bühnen in drei Teilen mit einem Dinner mit Borschtsch und mehr.
Westfälischer Anzeiger
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Achim Lettmann
Kooperationen
Gefördert durch die Sparkasse Bochum