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→ Deutscher Theaterpreis Der Faust 2024 für Anna Drexler
Manchmal gibt es keine Rettung. Es geschieht etwas Schlimmes, jäh, unerwartet und ungerecht, zu groß für das einzelne kleine Leben, und dann fällt man hinunter, ins Bodenlose. Ins Nichts. Und alles geht verloren. Plötzlich ist sie tot, eine junge Frau, Ehefrau, Liebende, Mutter von zwei kleinen Kindern – ein Unfall, unscheinbar und schnell. Und dann, nach all den Beileidsbekundungen, nach der Lasagne und anderen Tröstungen von Freund*innen und Verwandten, verlangt das Leben weiterzugehen: der Alltag, die Schule, das Buch, an dem der Vater arbeitet, die nach Halt suchenden Kinder. Wenn nur nicht diese unfassbare Lücke wäre.
Doch manchmal gibt es Rettung: Plötzlich bricht eine Krähe in diesen verwundeten Ort ein, struppig und unverschämt, ein randalierender Trickster, eine unberechenbare Therapeutin, die mit allen Wassern gewaschen ist. Und richtet sich vorläufig aufs Bleiben ein. Ist sie dem Buch entflogen, das der Vater über den berühmten Gedichtzyklus Crow des englischen Dichters Ted Hughes schreibt? Ist sie alten Mythen entsprungen, kindlichen Träumen oder von der Mutter gesandt? Statt einer Erklärung bringt Krähe Unruhe und Liebe, bekämpft Illusionen und Depressionen, erfindet neue Spiele, zofft und zürnt und zaust und erobert mit der versehrten Familie Flügelschlag für Flügelschlag die Hoffnung auf eine Zukunft.
Max Porters Debütroman ist viel mehr als ein Trauerbuch, ist voll von funkelnder, wild wuchernder Sprache, ist Musik, ist Zungenkuss, ist Showdown und Federsturm und immer wieder und vor allem eine Feier der Liebe.
Trauer ist das Ding mit Federn ist der dritte und abschließende Teil der Familientrilogie von Christopher Rüping, in der er gemeinsam mit seinem jeweiligen Ensemble in drei voneinander unabhängigen Arbeiten das Konstrukt der Familie im 21. Jahrhundert befragt - ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit. Der erste Teil der Familientrilogie Einfach das Ende der Welt von Jean-Luc Lagarce entstand 2020 am Schauspielhaus Zürich, war auch in Bochum zu sehen und spielt seit Januar 2024 am Deutschen Theater Berlin. Der zweite Teil der Familientrilogie Brüste und Eier nach Mieko Kawakami entstand 2022 am Thalia Theater in Hamburg.
Audio Inhalte
Informationen zum Stück
- Trauer ist das Ding mit Federn
- von Max Porter
- Aus dem Englischen von Matthias Göritz und Uda Strätling
- Regie: Christopher Rüping
- Mit: Anna Drexler, Risto Kübar, Anne Rietmeijer, Alexander Wertmann, Jing Xiang / Danai Chatzipetrou
- Ort: Schauspielhaus
- Dauer: 2:00, keine Pause
- Premiere: 15.03.2024
- Sprache: DE EN
Vorstellungen
Video Inhalte
Beteiligte
- Regie: Christopher Rüping
- Regie: Christopher Rüping
- Bühne: Peter Baur
- Kostüm: Lene Schwind
- Licht: Bernd Felder
- Musik: Jonas Holle
- Videodesign: Jasmin Kruezi
- Dramaturgie: Angela Obst
- Regieassistenz: Albrecht Schroeder
- Bühnenbildassistenz: Anita Ackva
- Kostümassistenz: Lara Suppe
- Soufflage: Dr. Arian Schill
- Sprachcoaching: Roswitha Dierck
- Inspizienz: Ulrike Schaper
- Regiehospitanz: Gianluca Elbert
- Dramaturgiehospitanz: Darius Hartwig
- Kostümhospitanz: Merle Bismark
- Übertitel: Jan Bednorz / Holger Rademacher
Bilder
Pressestimmen
"Trauer und Tanzen kann zusammengehen. […] Christopher Rüping gelingt die Balance aus Theaterfeuerwerk und Stille, die anrührende Annäherung an ein existentielles Thema. Ein großer, menschlicher Abend."
Deutschlandfunk Kultur heute, Dorothea Marcus
"Ein großartiger Theaterabend voller Leichtigkeit und Schwermut, mit krassen Bildern und tief empfundener Zärtlichkeit. Ein Ereignis."
Theater der Zeit, Stefan Keim
"Das geht wirklich unter die Haut."
WDR 3 Mosaik, Christoph Ohrem
"Erschütternd und dramatisch gut. [...] Regisseur Christopher Rüping findet atemberaubende Bilder, die noch lange im Kopf bleiben. Manchen Zuschauern stehen Tränen der Rührung in den Augen."
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
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Sven Westernströer
"Rüpings Inszenierung berührt auf vielen Ebenen, als große Sprechkunst ebenso wie im Arrangement prägnanter Bilder, mit schwungvollen Choreografien und mit durchdachtem Medieneinsatz. Großer Beifall für ein philosophisches Märchen voller Poesie und Witz."
Westfälischer Anzeiger
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Ralf Stiftel
"Das zentrale Anliegen des Romans und der Inszenierung, die ihm eng folgt und doch alles andere als eine Nacherzählung darstellt, ist der romantische Glaube an die Kraft der Liebe. Außergewöhnlich in dem starken Ensemble ist das Spiel der „Kinder“. Jing Xiang und Alexander Wertmann machen sich nie kleiner oder dümmer als sie sind; und doch zeigen sich liebenswerte kindliche Figuren, die überfordert und erstaunt sind, ungefiltert bockig und begeisterungsfähig. So wachsen sie am Ende schnell zu jungen Erwachsenen, ohne sich wirklich wandeln zu müssen; ihr Spiel ist ein besonders großes Glück in diesem klugen und berührenden romantischen Trauerspiel."
Die deutsche Bühne
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Detlev Baur
"Viele der Zuschauer wird das Stück berühren, auch weil sie selbst Trauer erlebt haben oder mit ihr leben. Vieles mehr macht diesen Abend zu einem intensiven Theatererlebnis."
Ruhr Nachrichten
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Ronny von Wangenheim
"Es bleibt bei aller Vorsicht vor zu viel Wehmut ein Abend über die letztverbliebenen Fundamentalkräfte unserer Zeit: den Tod und die Trauer. Mächte, vor denen selbst unsere Mächtigsten in die Knie gehen. Es bleibt ein Abend, der uns in Erinnerung ruft, wie plötzlich und nachdrücklich unser Leben gestört werden kann. Wie aussichtslos die Vorstellung ist, dass immer alles so weiterläuft. Erst passt sich unsere Liebe dem Alltag an und dann der Alltag der Katastrophe. Und wer dann keine Krähe an seiner Seite hat, der bleibt allein und wird es lange bleiben."
Frankfurter Allgemeine Zeitung
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Simon Strauß
"Trauerarbeit in stiller Fabel und krasser Orgie als überzeugendes Ganzes zum Lachen und Weinen."
theater:pur
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Christa Fluck